Stefanie Kuhnhen

26. Februar 2021

3 Min. Lesedauer

Wie Gründer:innen Unternehmertum jetzt neu definieren können

„Gehören Sie eigentlich auch zu diesem Typus Unternehmer, der primär an sich denkt? Oder übernehmen Sie auch Verantwortung für Ihr Umfeld?“ Diese Frage flog mir vor einem halben Jahr in einem virtuellen Panel zum Thema Unternehmertum an den Kopf.

Der negative Tenor darin ist per se leider nicht neu. Und wer einmal gehört hat, dass Unternehmer:innen die am häufigsten ermordete Berufsgruppe in Krimis sind, sollte sich vielleicht ohnehin nicht mehr über vieles wundern. Aber es überrascht mich dann doch (leider) immer wieder, dass diese Frage so viel Vorwurf enthält. Denn für mich persönlich bedeutet Unternehmertum in seiner Ur-Bedeutung tatsächlich genau das Gegenteil: Es heißt für mich nämlich gerade in die verbindliche Verantwortung zu gehen. Und zwar eben nicht nur für mich selbst, sondern ganz bewusst auch für meine Mitarbeitenden und deren Angehörige.

Wie Gründer:innen Unternehmertum jetzt neu definieren können
Wie Gründer:innen Unternehmertum jetzt neu definieren können

 

Augenscheinlich haben wir Unternehmer:innen hier aber noch massiven Aufholbedarf: Wir schaffen mit zukunftsfähigen Ideen in der Wirtschaft maßgeblich den Wohlstand unseres Landes – aber wenige erkennen diese zentrale Rolle an. Noch halten sie es als zukünftige Talente für erstrebenswert, diese Rolle selber zu sein: Noch immer liegt das Image der Unternehmer:innen im unteren Viertel aller Berufsgruppen.

 

Hier liegt für mich der Anspruch an, v.a. aber auch die riesen Chance für die Gründer:innen und Startuper:innen: Wenn sie in diesen Umbruchzeiten klar Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, definieren sie Unternehmertum – und damit seinen Ruf – neu. Indem sie Geschäftsmodelle entwickeln, die Verantwortung für Mensch und Erde in sich tragen und damit die Wirtschaft raus aus ihrem eigenen, geschlossenen Ökosystem holen, das sich im Kern seit 50 Jahren dem Friedmannschen einseitigen Profit-Kapitalismus verschrieben hat. Wenn die neuen Start-ups geschlossen diesen kaputten Kapitalismus komplementieren und ihn in einen guten, integrierten, systemwandel-treibenden Kapitalismus überführen, können sie unser aller Wohlstand für die Zukunft sichern: Schauen wir uns doch nur an was share, einhorn, Vaude, Du bist hier der Chef oder Viva con Agua als Geschäftsmodelle bereits erfolgreich machen! Das sind unternehmerische Ideen, die stolz machen und die den Ruf von Unternehmer:innen mit Recht komplett neu aufladen! Das macht den jungen Talenten Lust auf die Privatwirtschaft. Aufs Unternehmer:in-Sein. Und genau das tut uns allen gut: Denn dieses wertebasierte, integrierte Unternehmertum kann unser Land, ja unseren Kontinent deutlich vom Valley unterscheiden. Und damit nicht nur Investoren und Innovationskraft zu uns holen, sondern auch den zukünftigen Wohlstand für uns alle sichern. Einen Wohlstand, von dem wir alle noch mehr profitieren als bisher, weil er intrinsisch Mensch und Erde mitdenkt.

 

Ich wünsche mir sehr, dass die Start-up-Szene dieses Landes diesen Weg jetzt geschlossen geht und damit eine neue, integrierte Vorbildfunktion für unsere Wirtschaft übernimmt. Das heißt natürlich nicht, dass die alte Wirtschaft entlassen ist, auch sie muss diesen Wandel konsequent mitgehen. Aber neue Zeiten brauchen neue Gesichter. Und neue Verantwortung. Diese Chance kann gerade die Start-up-Szene wunderbar nutzen – und damit spürbar auch etwas für ein besseres Image von uns Unternehmer:innen tun.

 

Und vielleicht werde ich dann einmal in drei Jahren auf einem Unternehmer-Panel von einem Top-Talent gefragt: „Was kann ich tun, damit auch ich als Unternehmer:in erfolgreich sein kann?“ Ach, das wäre doch mal was!

 

Über die Autorin:

Stefanie Kuhnhen verantwortet als geschäftsführende Partnerin das strategische Produkt von Grabarz & Partner, einer der führenden inhabergeführten, kreativen Markenagenturen Deutschlands und der Welt. Nicht nur ihre Arbeiten für Unternehmen wie IKEA, Volkswagen, EDEKA oder Burger King wurden mehrfach mit nationalen und internationalen Strategiepreisen ausgezeichnet, sondern auch sie selbst.

 

Stefanie Kuhnhen ist zweifache Mutter und hat im Frühjahr 2018 das Trendbuch „Das Ende der unvereinbaren Gegensätze" publiziert. Seit 2019 ist sie Co-Founderin des Startups „Kokoro“. Eine App, die die zentralen Faktoren gesunder Unternehmenskulturen misst und Teams aktiv dabei unterstützt, ihren emotionalen Zustand zielgerichtet zu verbessern.

 

Ich freue mich schon jetzt auf unseren Austausch, der hier beginnt. Und jederzeit online weitergehen kann: stefanie@killingopposites.com.

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