Lisa Steinhauser

03. Juni 2021

7 Min. Lesedauer

Gründer:innen-Mindset fängt in der Schule an!

“Erfinderin!”. Mit vier Jahren war das meine Antwort auf die Frage, was ich einmal werden wolle. Es war die Idee, etwas ganz Neues von Grund auf zu entwickeln und aufzubauen, das anderen Menschen das Leben in irgendeiner Art und Weise einfacher machen kann. Es hat noch 13 weitere Jahre gedauert, bis ich durch den Seminarkurs business@school der Boston Consulting Group für mich herausfand, dass das Gründen eines Startups der richtige Weg ist, genau das machen zu können. Es dauerte weitere drei Jahre, bis heute, um Kompetenzen und Einstellungen zu entwickeln, die essentiell für das Mindset von Gründer:innen sind. Verschiedenste Impulse, eine Awardverleihung, ein Studienorientierungsjahr und ein Praktikum, haben mich an den Punkt gebracht, an dem ich heute stehe.

2020 habe ich mein Abitur gemacht und werde dank eines Stipendiums in ein paar Monaten anfangen, in London Business Administration und Computer Science zu studieren.

Gründer:innen-Mindset fängt in der Schule an!

Das Mindset, das in der Schule vermittelt wird, passt in vielen Facetten nicht zu dem von zukünftigen Gründer:innen und allen anderen Menschen, die in ihrem Leben wachsen und große Ziele erreichen wollen.

 

Um das Deutschland von morgen von Gründer:innengeist verzaubern zu lassen, muss diese Einstellung bereits in der Schule vermittelt werden.

 

Was macht ein Entrepreneurial Mindset aus?

Um selbst zu lernen, welche Fähigkeiten und Einstellungen wichtig zum Gründen sind, hat es weit mehr als die bereits existente Schulbildung gebraucht.

 

Im Endeffekt war es bei mir ein Mix aus schulischen und außerschulischen Umwegen.

Nach der zehnten Klasse wechselte ich die Schule auf das Landesgymnasium für Hochbegabte. Dort nahm ich nicht nur am Seminarkurs business@school teil, bei dem ich in einem Team ein fiktives Startup gründete und meine Begeisterung für Unternehmertum entdeckte. Auch eignete ich mir wichtige Soft Skills an. Gleiches gilt für die Erfahrungen, die ich aus dem Top Talents under 25 - Award, dem Studienorientierungs- und qualifizierungsjahr proTechnicale, sowie meinem Praktikum bei der Job Matching Plattform matched.io mitgenommen habe. Aus all diesen Stationen habe ich gelernt, welche Einstellung essentiell zum Gründen ist und wie man diese bereits in der Schule vermitteln kann.

 

Lieber zweimal nachgefragt, als einfach so hingenommen

Als Schülerin hatte ich vor allem in den niedrigeren Klassen, das Gefühl, dass das vom Lehrer:innen Gesagte Gesetz sei. Viel besser wäre es, die Schüler:innen zu ermutigen, Dinge kritisch zu hinterfragen. Das macht den Unterricht interessant, erschafft offene Diskussionen unter den Lernenden und fördert Neugierde, sowie ein tiefes Verständnis für die Thematiken. Diese Erfahrung durfte ich vor allem im Unterricht des Landesgymnasiums machen. Es ist fast in allen Lebenslagen wichtig, die Fähigkeit zu besitzen, nicht einfach so alles hinzunehmen. Diese Herangehensweise macht es nicht nur Fake News, Verschwörungstheoretikern und Betrügern schwerer. Es hilft auch, Selbstreflexion anzuregen und sich zu fragen, ob das, was man im Leben macht, wirklich zu einem selbst passt, oder ob man mit dem eigenen Unternehmen die richtigen Entscheidungen trifft, um das eigentliche Ziel zu erreichen.

 

Lebenslanges Lernen lernen

Wir leben in einer Welt, in der sich alles Schlag auf Schlag verändert und weiterentwickelt. Das was man in der Schule über Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik lernt, ist oft schon ein Jahr später nicht mehr aktuell. Um Schüler:innen ein Gefühl dafür zu geben, wie wichtig es ist, sich auch nach der Schule auf dem neuesten Stand zu halten und stets dazuzulernen, sollten noch öfter aktuelle Themen in den Unterricht integriert werden. Schüler:innen sollten beispielsweise in Physik, Politik und Wirtschaft die verschiedenen Aspekte erklärt bekommen, wieso gerade zwei Milliarden Euro in Quantentechnologien investiert wurde. So können Themen gleichzeitig von verschiedenen Seiten erläutert werden. Nur wenn man weiß, welche Trends und Tendenzen aktuell sind, kann man Ideen für die Gestaltung der Zukunft haben und eine differenzierte Antwort darauf finden, welcher Beruf oder welches Studium besonders zukunftsfähig ist.

 

Scheitern ist okay – wenn man daraus lernt und es dann noch einmal versucht

Erfolgreiche Gründer:innen unterscheiden sich von nicht-erfolgreichen vor allem in dem Punkt, dass sie nach einer Niederlage nicht aufgegeben, sondern stärker geworden und wieder aufgestanden sind. Schüler:innen muss bereits in der Schule eine gesunde Fehlerkultur nahegebracht werden, damit sie “Fehler” und konstruktive Kritik für sich nutzen können. Bei matched.io sollen beispielsweise bewusst viele Fehler gemacht werden. Man spricht darüber und es gibt offenes konstruktives Feedback. Daraus kann man bestmöglich lernen und steht gleichzeitig noch füreinander ein. Wenn Fehler machen und Scheitern normalisiert werden, entwickeln die Lernenden eine Toleranz für Ambiguität. Sie lernen, dass die Möglichkeit des Versagens besteht, dass das jedoch noch lange kein Weltuntergang ist. Diese Einstellung macht mutig, verringert die innere Hürde, Neues zu versuchen und Risiken einzugehen. Das ist nicht nur für zukünftige Gründer:innen, sondern für alle Menschen, die in ihrem Leben wachsen und große Ziele erreichen wollen, wichtig.

 

Growth Mindset als Soft Skill Nr. 1

Die meiner Meinung nach entscheidendsten Denkweisen von Gründer:innen verbergen sich unter den beiden Mottos “Sei mutig und greife nach den Sternen” (- proTechnicale) und “Wer es nicht versucht, wird es nicht erfahren.” (- meine Mutter).

 

Ersteres sagt aus, den Mut zu haben, unkonventionelle Wege zu gehen, um eigene Ziele erreichen zu können und dazu in die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Nur so kann das volle Potential ausgenutzt werden.

 

Um Schüler:innen diese Denkweisen mit auf ihren Weg zu geben, ist es besonders wichtig, ihnen zu helfen, ihre Stärken zu finden und diese gezielt einsetzen zu können. Außerdem darf es kein Tabu mehr sein, sich dazu zu entscheiden, nicht den roten Faden im Lebenslauf zu wählen.

Der zweite Spruch zeigt, wie wichtig es ist, manche Dinge einfach mal zu versuchen und Pläne in die Tat umzusetzen. Viel zu oft wird aus Angst zu scheitern nur geträumt und nicht gehandelt. Ein Versuch kann nicht schaden. Entweder hat man Erfolg oder lernt daraus.

 

Die Lehrer:innen müssen die Samen säen

Für mich ist Entrepreneurial Mindset Toleranz für schnelle Veränderungen, kritisches Denken und Offenheit für konstruktive Kritik von anderen und sich selbst, sowie darauf basierende ständige Verbesserung. Auch das Streben nach großen Zielen und der Mut, diese Ziele aktiv anzugehen sind essenziell für ein Gründer-Mindset. Es ist die Schulzeit, in der junge Menschen besonders geprägt werden und in der sich Denk- und Handlungsweisen verfestigen. Je früher man damit anfängt, Kindern und Jugendlichen diese Werte nahezubringen, desto größer der spürbare Effekt.

Besonders wichtig ist es hierbei an der Wurzel, der Lehrerausbildung, anzusetzen. Wenn die Relevanz für die genannten Werte schon dort an die Lehrer:innen der Zukunft vermittelt und im Lehrplan verankert wird, bin ich mir sicher: Der Gründer:innengeist in Deutschland wird wieder aufblühen.

 

Über die Autorin:

Lisa Steinhauser ist Teilnehmerin des technischen Studienorientierungs- und vorbereitungsjahres “proTechnicale”. In diesem Rahmen macht sie ein Praktikum beim HR Tech-Startup “matched.io”, wobei sie ihre ersten Berufserfahrungen sammelt. Lisas Ziel ist es, später einmal selbst ein Tech-Startup zu gründen, mit dem sie gesellschaftliche oder Umweltprobleme lösen kann. Für ihr Engagement und Interesse wurde sie im Jahr 2019 mit dem “Top Talents under 25”-Award ausgezeichnet.

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