Miriam Sternitzky

vor 7 Tagen

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Warum als Führungskraft zu viel Nähe gefährlich werden kann

Können Führungskräfte mit Mitarbeitenden befreundet sein? Jein, findet Miriam Sternitzky. Warum sie zu viel Nähe für problematisch hält und was es braucht, damit Führung und Freundschaft koexistieren können, erklärt die Westwing-Managerin in ihrem Gastbeitrag.

Warum als Führungskraft zu viel Nähe gefährlich werden kann
"Freundschaft und Führung schließen sich nicht zwangsläufig aus. Aber es erfordert viel emotionale Reife von allen Beteiligten", sagt Miriam Sternitzky | Foto: Westwing

In meiner Rolle als Chief People Officer bei Westwing gibt es viele Momente, in denen ich die Nähe zu meinem Team genieße. Vor Weihnachten lade ich meine Teammitglieder traditionell zum Dinner zu mir nach Hause ein. Auf den Firmen-Partys feiere und tanze ich ausgelassen mit allen bis spät in die Nacht. Ich teile auch private Dinge – bin nahbar, menschlich und authentisch. Und trotzdem bin ich nicht ihre Freundin.

 

Ich habe früh gelernt, dass zu viel Nähe als Führungskraft gefährlich werden kann. Als ich 2020 die Rolle der Personalleitung übernommen habe, war ich voller Motivation und Optimismus. Ich kannte mein Team gut, mit einigen der anderen Teamleiter:innen war ich sogar eng befreundet.  

Warum zu viel Nähe problematisch sein kann

Doch plötzlich fühlte sich alles anders an. Von einem Tag auf den anderen war ich nicht mehr „eine von ihnen“, sondern ihre Chefin. Entscheidungen, die ich traf, wurden oftmals persönlich genommen. Kritik wurde zum Teil nicht mehr als fachliches Feedback gesehen, sondern als Verrat. Es gab Konfliktsituationen, in denen von mir erwartet wurde, dass ich Partei ergreife.

 

Die Nähe, die vorher selbstverständlich war, begann mich zu blockieren. Ich musste mir eingestehen, dass sich meine Rolle verändert hatte – und mit ihr die Dynamik mit meinem Team.

 

So gelingt die Balance zwischen Nähe und Distanz

Freundschaft und Führung schließen sich nicht zwangsläufig aus. Aber es erfordert viel emotionale Reife von allen Beteiligten. Daher würde ich im Zweifel immer zu etwas mehr Distanz raten. 

Das bedeutet nicht, dass Du unnahbar oder kalt sein sollst. Empathie, Authentizität und Nahbarkeit sind zentrale Eigenschaften von guter Führung. Aber eben mit klaren Grenzen.

 

1. Sei nahbar, aber professionell: Du kannst deinem Team ruhig persönliche Seiten von Dir zeigen, das macht Dich menschlich. Aber Du solltest nicht alles mit ihnen teilen.

 

2. Baue Vertrauen durch Fairness auf: Fairness schafft langfristig Vertrauen und Respekt. Entscheide auf Basis von Fakten, unabhängig von Beziehungen und Emotionen.

 

3. Ziehe klare Grenzen: Es ist okay, mit Deinem Team zu feiern oder auch mal privat etwas zu unternehmen. Aber während der Arbeitszeit bist Du ihr Leader.

| Foto: Westwing

 

4. Kommuniziere offen und transparent: Sprich klar darüber, wie Du Deine Rolle als Führungskraft siehst und welche Erwartungen Du an Dein Team hast.

 

5. Reflektiere regelmäßig Dein Verhalten: Frag Dich selbst, ob Deine Nähe noch gesund ist oder ob Du Gefahr läufst, Deine Objektivität zu verlieren. 

Nähe ist gut, aber gesunde Distanz ist besser

Heute weiß ich, dass ein professioneller Umgang nicht bedeutet, weniger empathisch oder menschlich zu sein.

 

Es bedeutet, Deinem Team genau das zu geben, was es wirklich braucht: Klarheit, Orientierung und eine verlässliche Führung, die Entscheidungen im besten Interesse des Unternehmens trifft – auch wenn das manchmal unpopulär ist.

 

Und genau das macht eine starke Führungskraft aus.

 

 

Zur Person

Miriam Sternitzky ist 2016 als HR Generalist bei Westwing gestartet. Seit 2023 verantwortet sie als Chief People Officer (CPO) den Personalbereich des laut eigenen Angaben größten E-Commerce-Unternehmens für Beautiful Living in Europa. Die Rolle der Personalleitung übernahm sie als Director HR & Organisation schon 2020.

 

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