Kerstin Fuhrmann

vor 17 Tagen

8 Min. Lesedauer

6 falsche Gründe, Deinen Job zu wechseln

Fast 40 Prozent der Deutschen können sich einer Xing-Umfrage nach momentan vorstellen, ihren Job zu wechseln. Oft gibt es dafür gute Argumente. Manche kündigen aber auch aus den falschen Gründen, sagt Coach Kerstin Fuhrmann. Welche das sind und was jede:r vor einem Jobwechsel für sich klären sollte.

6 falsche Gründe, Deinen Job zu wechseln
Auch wenn eine schnelle Kündigung verlockend sein mag, Ungeduld ist kein guter Grund, adhoc die Stelle zu wechseln, sagt Kerstin Fuhrmann | Foto: Janina Grupe

Arbeiten kann eine Grenzerfahrung sein: Aufgaben passen kaum mehr auf die To-Do-Liste, die Anzahl der ungelesenen Emails steigt, Abgabefristen rücken näher – und dann noch Stress mit der Führungskraft.  

 

Die dann oft einzige Rettung: die Vorstellung, wie Du Dich zu Hause an den Küchentisch setzt und genüsslich Deine Kündigung schreibst. Um sie am nächsten Morgen Deiner Führungskraft auf den Schreibtisch zu hauen mit den Worten: „Mir reicht’s. Ich such mir was anderes. Ciao.“ 

Wann eine Kündigung keine gute Idee ist

Manchmal scheint ein Wechsel die einfachste Lösung aus einer unbefriedigenden Jobsituation. Ich bin die Erste, die Menschen ermutigt, sich einen neuen, passenden Job zu suchen. Jedoch gibt es Situationen, in denen ich davon abrate. 

 

Hier sind 6 davon: 

 

1. Der neue Job lockt mit viel (Schmerzens-)Geld

Eine satte Gehaltserhöhung, die sogar höher ist als dein gewünschtes Zielgehalt – aber mit einem Job einhergeht, der in Dir wichtigen Aspekten nicht das ist, was Du Dir vorstellst. Der Blick auf den Kontoauszug wird Dich die ersten Monate vielleicht entschädigen. Langfristig wird der Frust jedoch überwiegen. 

 

2. Jemand anderes sagt, die neue Stelle passt ideal zu Dir – Du fühlst es aber nicht

Gutes Personal zu finden, ist schwer. So erreichen rhetorische Künste von Führungskräften im Vorstellungsgespräch mitunter ein ganz neues Level. Von einem „Ich-höre-es-mir-mal-an-aber-eigentlich-möchte-ich-den-Job-nicht“ sagst Du fast direkt im Gespräch zu – im Rausch des Werbens um Dich. Werde Dir klar, was Deine unverhandelbaren Ansprüche sind und wo Du Zugeständnisse machen kannst. Wichtig: Weiche davon nicht ab. 

 

3. Ungeduld

Dein Leidensdruck ist bereits länger vorhanden, jetzt soll schnell etwas Neues her. Diese „Von-weg“-Motivation ist berechtigt, jedoch solltest Du Dir nicht planlos den nächstbesten Job schnappen. Nimm Dir Zeit und mache Dir bewusst, was Du wirklich willst. Entwickle eine „Hin-zu“-Motivation: Lege den Fokus auf das Finden Deines Traumjobs, nicht auf das Wegkommen von Deiner jetzigen Stelle.

 

| Foto: Janina Grupe

4. Nicht mitgeteilter Frust

Wir erzählen gerne ausgiebig, was uns im Job bedrückt – aber nur im privaten Umfeld. Die Gestaltungs- und Veränderungsmöglichkeiten im bestehenden Job sind oftmals wesentlich größer, als wir denken. Notiere Dir Deine Frustthemen sowie konkrete Änderungswünsche und suche aktiv das Gespräch. Manchmal öffnen sich so ganz neue Türen. 

 

5. Hohes Sicherheitsbedürfnis

Ein Wechsel in die Selbstständigkeit, in ein junges Start-Up, auf eine befristete Stelle ohne klare Übernahmeaussicht – das sind alles keine Gründe, den Jobwechsel nicht zu wagen. Bist Du eher im Team „Sicherheit“ zu Hause, überlege Dir, ob es direkt ein „Entweder-oder“ sein muss – oder ob ein „und“ funktioniert. Oft lassen sich zwei Jobs in Teilzeit kombinieren und Du kannst Sicherheit und Neues vereinen.

 

Auch hilfreich: einen Notfallplan zu haben, falls das neue Vorhaben nicht so klappt wie erhofft: zum Beispiel finanzielle Rücklagen und die Bereitschaft, wieder in die vorherige Tätigkeit einzusteigen.

 

6. Selbstsabotage

Die Karriere läuft gut, doch Dein innerer Kritiker ist lauter: „Das klappt eh nicht. Alle werden noch merken, dass Du gar nicht so gut bist. Du schaffst das nicht.“ Lass Dich davon nicht von Deinem Weg abbringen! Solche Gedanken werden lauter, wenn uns die Kraft ausgeht. Gönne Dir deshalb regelmäßig eine Auszeit zum Auftanken und erinnere Dich an Deine Erfolge, Stärken und Talente. Mein Lieblingsmotto: Die Frage ist nicht, ob du etwas erreichst, sondern wie. Das lenkt Deinen Fokus weg von der sinnlosen Selbstsabotage hin zu Lösungsmöglichkeiten. 

 


 

 

Im Job zu bleiben, kann richtig sein – den Job zu wechseln, auch. Wie bei allen großen Entscheidungen hilft es, Dich in Ruhe mit der Situation auseinanderzusetzen, Klarheit zu gewinnen, wie der Idealzustand aussieht und wie dieser bestmöglich hergestellt werden kann. Stößt Du dabei an Deine Grenzen, hol Dir einen (oder mehrere) unterstützende Gesprächspartner:innen. 

 

Zur Person 

Kerstin Fuhrmann (34) ist Coach für Beruf und beruflichen Wandel. Überlegungen, aus dem Job auszusteigen und einfach mal etwas ganz anderes zu machen, kennt sie nur zu gut: Sie hat vor drei Jahren ihren gut-bezahlten Managerjob im Konzern gekündigt und berät seither Menschen auf ihrem Weg zu einem glücklicheren Berufsleben. Ihr Credo: Erfolgreich zu sein und sich erfolgreich zu fühlen, ist nicht das Gleiche. 

 

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