Einschnitte im Privaten, um beruflich voranzukommen? Gefühlt wollen das immer weniger Menschen hinnehmen – vor allem in der für ihre angeblich schwache Arbeitsmoral gescholtenen Gen Z. Irina Ferreira Guimarães ist Teil dieser Generation. Hier erklärt die 26-Jährige, warum sie ihr Privatleben für ihren Job gerade gerne vernachlässigt und den Hustle-Mode auf Dauer dennoch ablehnt.
Irina Ferreira Guimarães
vor 13 Tagen
Warum ich mein Privatleben für meinen Job vernachlässige

Wir leben in einer Zeit, in der Selbstfürsorge zu Recht einen hohen Stellenwert hat. In der wir lernen, besser auf uns zu achten. In der es gesellschaftlich anerkannt ist, nicht ständig erreichbar zu sein, Grenzen zu ziehen und das Leben außerhalb der Arbeit bewusst zu priorisieren. All das ist wichtig. Und richtig. Trotzdem lebe ich gerade das Gegenteil.
Ich bin ständig unterwegs. Verbringe mehr Zeit im Zug als auf meiner Couch. Mein Lieblingscafé ist kein fester Bestandteil meines Alltags mehr. Routinen? Fehlanzeige. Sport? Selten. Mädelsabende? Vielleicht nächsten Monat.
Gerade geht es für mich darum, beruflich zu wachsen
Klingt nach einem klassischen „Work eats Life“-Szenario – und das ist es auch. Aber: Es ist meine Entscheidung. Nicht weil ich muss, sondern weil ich will. Denn gerade geht es für mich darum, beruflich zu wachsen und Verantwortung zu tragen. Ich liebe, was ich tue. Ich möchte gestalten, bewegen, aufbauen. Und ich weiß: Glück, Talent oder gute Ideen allein reichen dafür nicht aus.
Was es wirklich braucht? Dranbleiben, auch wenn es anstrengend wird. Zeit, die man nicht zurückbekommt. Energie, die man woanders abzieht. Und vor allem die Fähigkeit, Dinge hintenanzustellen, die einem eigentlich auch wichtig sind. Kurz gesagt: Wachstum heißt Verzicht.
Und das, obwohl Balance für meine Generation, die Gen Z, einen hohen Stellenwert hat. Viele von uns streben nach der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, nach einem gesunden Ausgleich. Doch wahre Balance bedeutet nicht immer, dass alles im perfekten Gleichgewicht ist. Manchmal heißt sie auch: sich bewusst für eine Schieflage zu entscheiden, weil es sich lohnt. Und weil man weiß, dass auch diese Phase wieder vorbeigeht.
Wieso das kein Plädoyer für permanentes Hustlen ist
Was mir wichtig ist: Das ist kein Plädoyer fürs Dauer-Hustlen. Es ist ein Plädoyer für Ehrlichkeit. Was wir erreichen wollen, hat seinen Preis – und manchmal ist das eben ein Abend weniger mit seinen Liebsten. Oder ein Sonntag, der nicht nach Pause anfühlt, sondern nach Verantwortung. Das ist nicht romantisch. Aber realistisch.
Arbeit darf anstrengend sein. Und sie darf gleichzeitig Spaß machen. Manchmal liegt beides ganz nah beieinander.
Ich finde: Es braucht mehr Raum für solche Geschichten. Mehr Verständnis für unterschiedliche Lebensphasen. Und mehr Anerkennung dafür, dass bewusste Leistungsbereitschaft kein Widerspruch zu einem gesunden Leben ist, sondern ein Teil davon. Denn Leistungsbereitschaft und Selbstfürsorge schließen sich nicht aus. Es geht vielmehr darum, zu erkennen, wann was Vorrang hat – und darum, den Mut zu haben, genau das selbst zu entscheiden.
Zur Person
Irina Ferreira Guimarães (26) ist 2017 mit einer Ausbildung in ihre berufliche Karriere gestartet. Seit 2023 arbeitet sie beim Mannheimer E-Commerce-Unternehmen Snocks: erst als Junior People Operations Managerin, inzwischen als Head of People and Culture.