Kristina Kreisel

vor 6 Tagen

8 Min. Lesedauer

„Unser härtester Gegner sitzt in unserem Kopf"

Swantje Allmers ist Leadership-Coach und eine der bekanntesten Stimmen, wenn es um gesundes Arbeiten geht. Gemeinsam mit Tech-Managerin Annahita Esmailzadeh hat sie jetzt ein Buch darüber geschrieben, was es wirklich braucht, um erfolgreich zu sein. Im STRIVE-Interview verrät sie, welchen Hebel sie selbst lange unterschätzt hat, warum sie ein klug gestricktes Netzwerk wichtiger findet als Talent und wie Glaubenssätze Karrieren unterstützen, aber auch sabotieren können.

„Unser härtester Gegner sitzt in unserem Kopf"
"Unsere Glaubenssätze sind uns kaum bewusst, obwohl sie in unserer Kindheit rein zufällig entstehen", sagt Swantje Allmers | Foto: Sebastian Fuchs

STRIVE: Euer Buch heißt "Was Du nicht hören willst, aber wissen solltest, um erfolgreich zu sein". Was hättest Du selbst gerne früher gehört, Swantje?


Swantje Allmers: Dass es gut ist, stärkenorientiert zu arbeiten. Ich bin lange durch mein Leben gelaufen und dachte, dass das, was ich kann, nichts Besonderes ist. Gleichzeitig habe ich mich permanent an meinen Schwächen abgearbeitet.

 

Doch wenn Du nur auf Deine vermeintlichen Schwächen guckst, schadet das Deinem Selbstbewusstsein. Deine Energie geht in die falsche Richtung. Ich bin glücklich, wie mein Leben bisher verlaufen ist. Aber das hätte ich gerne früher gehört. Dann hätte ich mutigere Entscheidungen getroffen und mir die eine oder andere Extraschleife gespart.


Das hat viel mit Glaubenssätzen zu tun. Ist das der entscheidende Hebel, um erfolgreich zu sein?


Swantje Allmers: Ich glaube schon, dass unsere Glaubenssätze etwas sind, mit dem wir uns besonders stark selbst im Weg stehen. Im Buch beschreiben wir das als "Dein härtester Gegner sitzt in Deinem Kopf". Das Hinterhältige ist: Unsere Glaubenssätze sind uns kaum bewusst, obwohl sie in unserer Kindheit rein zufällig entstehen – durch einen dummen Spruch von einem Lehrer oder unseren Eltern.

 

Trotzdem werden sie zu unseren Lebensregeln, die wir für wahr halten und nicht mehr überprüfen. Egal, ob sie stimmen oder nicht. Deshalb müssen wir unseren negativen Glaubenssätzen erst mal auf die Schliche kommen.


 

 

Wie gelingt das?


Swantje Allmers: Es hilft, sich mit einem Lebensbereich zu beschäftigen, in dem es gerade nicht so gut läuft. Das kann die Karriere sein, die Partnerschaft, aber auch Deine Gesundheit. Hier findest Du mit hoher Wahrscheinlichkeit negative Glaubenssätze.

 

Wenn du Dich zum Beispiel nicht mehr gern mit Deinen Freund:innen triffst, weil Du denkst "Die anderen sind alle erfolgreicher als ich". Oder Du bist total überarbeitet, weil Du möglicherweise glaubst: "Wenn ich nicht hart zu mir selbst bin, kann ich nicht erfolgreich sein."


Okay, Glaubenssätze identifiziert – Check. Und dann?


Swantje Allmers: Dann kannst Du Dich fragen: Was passiert, wenn ich diese Glaubenssätze mein Leben lang mit mir herumschleppe? Bei manchen sind die Konsequenzen harmlos. Andere hingegen können verhindern, dass Du Deine Ziele erreichst. Im nächsten Schritt geht es dann darum, die besonders negativen oder blockierenden Glaubenssätze zu positiven Affirmationen zu transformieren.


Was meinst Du damit?


Swantje Allmers: Affirmationen sind positive Aussagen, die Du über Dich selbst triffst. Wenn Du sie regelmäßig wiederholst und verinnerlichst, stärken sie Dein Selbstbewusstsein und helfen, Dein Potenzial zu entfalten und Blockaden zu überwinden. Das mag abstrakt klingen, ist im Grunde aber nur die Umkehr der negativen Glaubenssätze.

 

Foto: Dirk Brunecki

Kannst Du das an einem Beispiel erklären?


Swantje Allmers: Wenn Dein Glaubenssatz bisher "Ich muss hart zu mir sein, um erfolgreich zu sein" war, kannst Du ihn zum Beispiel umwandeln zu "Um nachhaltig leistungsfähig zu sein, brauche ich Pausen".

 

Wichtig ist, dass wir den Glaubenssatz zwar in die Richtung verändern, die wir uns wünschen. Doch die Transformation muss für das Gehirn glaubhaft bleiben. Ein Workaholic wird durch positive Affirmationen nicht zur Buddhistin werden. Und soll es auch gar nicht (schmunzelt).

 

Warum ist es so wichtig, die Aussagen zu wiederholen?

 

Swantje Allmers: Das Wiederholen bewirkt, dass sich im Gehirn neue Verknüpfungen bilden, wodurch sich der positive Glaubenssatz verfestigt und irgendwann zu einem festen Bestandteil des Glaubenssystems wird und Dich im Alltag unterstützen kann. Am einfachsten funktioniert das, wenn Du die Wiederholungen in bestehende Routinen einbaust und kleine Reminder nutzt: also als Klebezettel am Laptop oder am Spiegel im Badezimmer.


"Ein gutes Netzwerk ist wichtiger als Talent" schreibt ihr in einem weiteren Kapitel. Wie kommt ihr zu diesem Schluss?


Swantje Allmers: Viele, die sich sehr über Leistung definieren – da gehören Annahita und ich auch dazu – denken: Wenn ich leiste, dann reicht das. Dann wird mein:e Chef:in auf mich aufmerksam, dann werde ich vorankommen. Doch so läuft es leider nicht. Bis zu 40 Prozent der Jobs werden über Netzwerk vergeben.


Ohne Leistung geht es ja aber trotzdem nicht.


Swantje Allmers: Natürlich nicht. Leistung und Talent sind das Fundament von Erfolg. Leistung und Talent sind das Fundament von Erfolg. Aber um Karriere zu machen, brauchst Du eben auch Netzwerk. Das unterschätzen viele.


Netzwerken ist einfacher, wenn man eine Personal Brand ist. Ihr geht so weit, zu sagen: Deine Personal Brand entscheidet über Deinen Marktwert. Warum?


Swantje Allmers: Eine Personal Brand zu entwickeln, ist wichtig, damit Menschen Deine Arbeit sehen und wahrnehmen. Es geht nicht darum, Influencer:in zu werden, sondern eine klare Positionierung einzunehmen. Dann verbinden Dich Menschen mit Themen und können auf Dich zukommen. Wer eine Personal Brand ist, wird ansprechbarer – sowohl innerhalb eines Unternehmens als auch extern.


Dafür elementar ist die eigene Gesundheit. Auch damit beschäftigt ihr Euch. Wie finde ich eine Balance aus Leistung und Pausen, die durchzuhalten ist?


Swantje Allmers: Wir müssen lernen, dass auf Spitzenbelastungen Erholungsphasen folgen müssen. Sonst leidet unsere Leistungsfähigkeit. Im Spitzensport sind Recovery-Routinen ganz normal, damit die volle Leistung abgerufen werden kann, wenn es darauf ankommt. Nur in der Wirtschaftswelt ist das noch nicht angekommen. Da ist es oft immer noch ein Zeichen von Schwäche, wenn man Ruhe braucht. Dauerstress dagegen wird als Engagement und Leistungsbereitschaft glorifiziert.

 

Wenn wir nachhaltig erfolgreich sein wollen, müssen wir unsere Energie aber genauso sorgfältig wie den Rest unseres Alltags managen. Dabei helfen die Klassiker: regelmäßige Bewegung, guter Schlaf, eine ausgewogene Ernährung, Freundschaften, Journaling, aber auch das Reduzieren der Dauerbeschallung durch Social Media.


 

Zur Person

Swantje Allmers (45) ist CEO und Gründerin des Beratungsunternehmens New Work Masterskills, Executive Coach sowie Autorin. Das gemeinsame Buch mit Annahita Esmailzadeh (33) ist im April im Haufe-Verlag erschienen.

 

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